Schaufenster Nr. 36 "Was tun mit den Einkünften der Altaristen?" online
Mein Interesse an der Thematik der Gemeindekammer (bzw. Gerbekammer) als eine frühneuzeitliche Form kommunaler Selbstverwaltung weckte das Seminar „Großstadt und Reformation: Das Beispiel Magdeburg“ an der Universität Leipzig. Die hierbei analysierten und diskutierten Quellen zur Reformationsgeschichte motivierten mich zu einer detaillierten Exegese der Schrift des Andreas Schoppius. Beeindruckend war der Nachvollzug, wie sich der katholische Glaubens- und Herrschaftsanspruch im Lokalen und Konkreten transformierte. Zunächst geschah dies in reformatorischer Absicht. Die Gemeinde wollte vom katholischen Klerus unabhängig werden und ihre innerkirchlichen Angelegenheiten selbst regeln. Einmal ausgelöst überflügelten diese Bestrebungen ihren religiösen Geltungsbereich und brachten eine gesellschaftliche Umwälzung in Gang. Die gläubige Gemeinschaft schuf städtische Verwaltungsstrukturen, die einen säkularen Vorschein kommunitaristischer Selbstorganisation annehmen sollten, wenngleich sie einem heilsgeschichtlichen Dogma folgten. Meiner Ansicht nach war diese historische Entwicklung ein Ausdruck der Reform(ation) des Politischen. Deshalb beschäftigte ich mich eingehender mit der Magdeburger Gerbekammer als Motor eines selbstorganisierten Kommunalismus. Daraus resultierte das großzügige Angebot, meine universitäre Quellenarbeit auf der Homepage der „Magdeburger Spuren“ einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nun bin ich überaus erfreut, mit dem Schaufensterdokument über die Ordnung der Sacristei einen Beitrag zur Erforschung der Lokalgeschichte leisten zu dürfen.
Bernd Zöllner
Abb. Johannes Pomarius, Beschreibung des Newen S. Jacob Thurms, Magdeburg 1583